Startseite / Ausbildung und Training / Reiten / Die richtige Haltung – Hilfszügel und ihre Wirkung
Hilfszügel – Arten und Ihre Wirkung
Hilfszügel – Arten und Ihre Wirkung

Die richtige Haltung – Hilfszügel und ihre Wirkung

Eine korrekte Haltung ist bei der Ausbildung, dem Training und der Korrektur des Pferdes sehr wichtig. Neben dem normalen Zaumzeug werden zeitweise unterschiedliche Hilfszügel eingesetzt, um dieses Ziel zu erreichen. Mit ihnen kann auf die Haltung von Kopf und Hals eingewirkt werden. Das Pferd wird idealerweise dazu gebracht, den Rücken herzugeben und den Hals fallen zu lassen.

Hilfszügel als wertvolle Unterstützung bei Reitanfängern

Vor allem bei Reitanfängern werden beim Pferd häufig Hilfszügel verwendet. So kann sich ein ungeübter Reiter, der die Zügelhilfen noch nicht ausreichend beherrscht, zunächst auf seinen Sitz konzentrieren. Man verwendet die Hilfszügel auch bei der Ausbildung des Pferdes, beispielsweise beim Longieren oder bei der Korrektur verrittener Pferde. Ob die Hilfszügel-Verwendung notwendig ist, ist allerdings umstritten. Kritiker argumentieren, dass eine Ausbildung und Korrektur des Tieres genauso gut ohne Hilfszügel möglich ist und der Lerneffekt beim Pferd ohne deren Verwendung größer sei.

Hilfszügel sollten jedoch keinesfalls dauerhaft, sondern lediglich vorübergehend und der Situation angepasst eingesetzt werden. Grundlegende Haltungsprobleme können mit ihnen nicht gelöst werden, da sie lediglich auf einen Teil des Pferdekörpers einwirken. Welcher Hilfszügel jeweils ausgewählt wird, hängt vom Ausbildungsstand von Pferd und Reiter ab.

Korrekte Einstellung der Hilfszügel

Bei der Verwendung der Hilfszügel muss unbedingt auf eine korrekte Einstellung der Zügel geachtet werden. Dabei dürfen die Hilfszügel weder zu kurz noch zu lang sein. Die Größe und der Ausbildungsstand des Pferdes geben die Länge der Hilfszügel vor. Vor allem sehr junge und nicht genügend gelockerte Pferde dürfen keinesfalls zu kurz ausgebunden werden, da es sonst zu Verspannungen und Schmerzen kommen kann. Ziel sollte es sein, die Hilfszügel so einzustellen, dass sie bei der gewünschten Haltung des Pferdes locker durchhängen. Sie sitzen richtig, wenn die Linie des Kopfprofils beim Pferd eine Handbreit vor der Senkrechten liegt.

Hilfszügel gibt es in unterschiedlichen Varianten. Es gibt fest verschnallte Hilfszügel, die an Sattel oder Longiergurt befestigt sind, und es gibt Hilfszügel, die der Reiter in der Hand hält und mit denen er direkt einwirken kann.

Stoßzügel

Wirkung

Der Stoßzügel wird bereits seit langem als Hilfszügel im Reitsport eingesetzt. Er soll verhindern, dass das Pferd den Kopf hoch nimmt. Zieht das Pferd den Kopf nach oben, wird damit Druck auf das Mundstück und das Nasenband ausgeübt. Die Länge des Stoßzügels gibt dabei vor, wie weit das Tier den Kopf heben kann.

Aufbau und Verschnallung

Der Stoßzügel besteht aus einem Riemen, der an beiden Trensenringen des Zaumzeugs sowie zwischen den Vorderbeinen am Sattelgurt befestigt wird.

Vorteil
  • lässt Biegung zu

Obwohl der Stoßzügel das Pferd nach oben hin begrenzt hat es aber trotzdem die Möglichkeit sich ohne Einschränkungen nach zu biegen.

Nachteil
  • starr
  • erzeugt starken Gegendruck
  • nur Symptombekämpfung

Der Stoßzügel sehr starr ist und beim plötzlichen Hochreißen des Kopfes ein schmerzhafter Druck im Maul des Pferdes entsteht. Durch die fehlende seitliche Begrenzung eignen sie sich außerdem nicht zum Longieren. Außerdem hilft der Stoßzügel nur bei der Bekämpfung der Symptome, nicht aber der Ursachen. Nimmt man den Stoßzügel ab ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Pferd den Kopf wieder hochreißen wird.


Dreieckszügel

dreieckszuegel
Dreieckszügel

Wirkung

Der Dreieckszügel verhindert, dass das Pferd den Kopf zu hoch nimmt. Er erleichtert vor allem jungen Pferden, eine Dehnungshaltung einzunehmen.

Aufbau und Verschnallung

Befestigt wird der Dreieckszügel am Sattelgurt zwischen den Vorderbeinen. Zwischen den Vorderbeinen teilt sich der Dreieckszügel in zwei Riemen auf, die links und rechts durch die Gebissringe verlaufen. Diese werden dann zum Sattel zurückgeführt und unter dem Sattelblatt befestigt.

Vorteil
  • Dehnung ans Gebiss heran
  • kein aufs Gebiss lehnen möglich

Der Dreieckszügel hat den Vorteil, dass sich das Pferd vorwärts-abwärts ans Gebiss heran dehnt. Dadurch, dass die Riemen gleitend durch die Gebissringe hindurch laufen, kann sich das Pferd nicht aufs Gebiss lehnen.

Nachteil
  • Möglichkeit des Einrollens
  • kaum seitliche Begrenzung
  • Risiko des Laufens auf der Vorgand

Das Pferd sollte den Kopf mit Dreieckszügeln jedoch nicht zu tief nehmen, da es sonst hinter den Zügel und somit hinter die Senkrechte geraten kann. Ein weiterer Nachteil ist die eher schwache seitliche Begrenzung. Zusätzlich besteht das Risiko, dass das Pferd nicht mehr richtig untertritt und somit hauptsächlich auf der Vorhand läuft.

Dreieckszügel dürfen nie im Gelände oder beim Springen eingesetzt werden. Hierbei besteht akute Stolper- und Verletzungsgefahr fürs Pferd.

Thiedemannzügel (Köhlerzügel)

Thiedemannzügel / Köhlerzügel
Thiedemannzügel / Köhlerzügel

Wirkung

Der Thiedemannzügel – auch Köhlerzügel genannt – soll das Pferd in die Dehnungshaltung bringen.Er ist sozusagen eine etwas mildere Variante des Schlaufzügels. Geht das Pferd gegen die Hilfen des Reiters an, so verschärfen sich dessen Hilfen durch den Thiedemannzügel da sich der Zug am Zügel erhöht.

Aufbau und Verschnallung

Zwischen den Vorderbeinen wird der Thiedemannzügel am Sattelgurt befestigt. Vorne teilt er sich in zwei Teile, die jeweils durch die Trensenringe führen und an speziellen Ringen am Zügel eingehakt werden. Der Thiedemannzügel eignet sich nur für geübte Reiter.

Vorteil
  • kein zusätzliches Zügelpaar

Zu seinen Vorteilen gehört, dass der Reiter hier kein zusätzliches Zügelpaar halten muss.

Nachteil
  • nicht für Pferde mit Unterhals geeignet

Für Pferde, die mit Unterhals gehen und sich nach oben übers Gebiss herausheben, ist der Thiedemannzügel nicht geeignet.


Laufferzügel

Wirkung

Beim Laufferzügel soll das Pferd eine Dehnungshaltung einnehmen und verhindert werden, dass das Pferd den Kopf hoch nimmt. Er hat eine ähnliche Funktion wie der Dreieckszügel.

Aufbau und Verschnallung

Verschallt werden zwei einzelne Riemen seitlich an Sattelgurt und Sattel. Dabei laufen sie durch die jeweiligen Trensenringe.

Vorteil
  • Anlehnung möglich
  • seitliche Begrenzung

Der Vorteil des Laufferzügels iegt darin, dass das Pferd sowohl Anlehnung erhält als auch seitlich begrenzt wird.

Nachteil
  • Vorwärts-Abwärts-Dehnung eingeschränkt

Ein Nachteil des Laufferzügels ist, dass sich das Pferd nicht so gut vorwärts-abwärts dehnen kann.


Ausbinder

Ausbinder
Ausbinder

Wirkung

Der Ausbinder dient dazu, dass das Pferd die Anlehnung an das Gebiss erlernt. Er begrenzt das Pferd seitlich und wird vor allem beim Longieren oder beim Anfängerreitunterricht eingesetzt.

Aufbau und Verschnallung

Der Ausbinder besteht aus zwei Riemen, die am Sattelgurt befestigt und mit Karabinern in den Gebissringen eingehakt werden. Die Zügel sind mit Gummiringen versehen, damit sie elastischer sind.

Vorteil
  • Anlehnung ans Gebiss
  • seitliche Begrenzung

Der Vorteil des Ausbinders ist die Begrenzung des Pferdes nach außen. Außerdem ermöglicht er eine Anlehnung des Pferdes ans Gebiss heran.

Nachteil
  • Einschränkung der Dehnung vorwärts-abwärts

Diese Begrenzung kann auch nachteilig sein, da sie die Bewegungsfähigkeit des Tieres und die Dehnung nach vorwärts-abwärts einschränkt.

Halsverlängerer

Halsverlängerer
Halsverlängerer

Wirkung

Der Halsverlängerer besteht aus elastischem Materiak. Er soll dem Pferd eine Streckung nach unten ermöglichen indem er einen Druck aufs Genick verursacht, wenn das Pferd den Kopf zu hoch nimmt.

Aufbau und Verschnallung

Der Halsverlängerer ist aus elastischem Material. Er führt links und rechts vom Sattelgurt kurz unter dem Sattelblatt durch die Trensenringe und dann über das Genick.

Vorteil

Der Halsverlängerer bietet keine Vorteile.

Nachteil
  • keine Anlehnung
  • starker Druck
  • viele Pferde gehen mit Gegendruck gegen den Halsverlängerer an

Durch den starken Druck auf das Genick und das Gebiss entziehen sich viele Pferde dem Zügel. Manche Pferde gehen auch mit Gegendruck gegen den Hilfszügel an und trainieren sich damit einen Unterhals. Deswegen sind Halsverlängerer für die meisten Pferde nicht geeignet.

Martingal

Martingal
Martingal

Wirkung

Bekannt ist vor allem das gleitende Ringmartingal, das häufig im Springsport verwendet wird. Dieser Hilfszügel ermöglicht dem Pferd große Bewegungsfreiheit und hindert es lediglich am Hochreißen des Kopfes.

Aufbau und Verschnallung

Das Martingal wird zwischen den Beinen am Sattelgurt befestigt und verläuft durch einen Halsriemen bzw. ist mit beweglichen Ringen mit den Zügeln verbunden. Es ist gut für Anfänger mit unruhigen Händen geeignet, bietet  jedoch kaum Möglichkeiten für eine Haltungskorrektur des Pferdes.

Vorteil
  • für Anfänger geeignet
  • ruhigere Kopfhaltung des Pferdes

Vorteil dieses Hilfszügels ist es, dass das Martingal auch für Anfänger geeignet ist und eine ruhigere Kopfhaltung des Pferdes bewirken kann.

Nachteil
  • kaum Haltungskorrektur
  • keine seitliche Begrenzung
  • nicht zum Longieren geeignet

Nachteile dieses Hilfszügel sind, dass das Martingal keine Haltungskorrektur bewirkt. Kopfschlagen kann damit auch nicht dauerhaft abgestellt werden. Auch das Martingal bietet keine seitliche Begrenzung. Außerdem ist der Hilfszügel Martingal nicht zum Longieren geeignet, da es nur im Zusammenspiel mit den Zügeln in der Reiterhand funktioniert.

Chambon

chambon
Chambon

Wirkung

Das Chambon wird nur beim Longieren eingesetzt. Durch Druck auf Maulwinkel und Genick wird das Pferd dazu gebracht, den Hals zu senken.

Aufbau und Verschnallung

Das Chambon besteht aus einem Genickstück mit Ringen, weches durch Riemen mit Schnallen an der Trense befestigt wird. Einem Riemen, am Bauchgurt des Longiergurtes befestigt wird und zwei Kordeln mit Karabinern, die von außen nach innen durch den jeweiligen seitlichen Ring am Genickstück geführt werden. Die Krabiner werden dann von oben in die Gebissringe eingehakt.

Vorteil
  • fördert Dehnungshaltung
  • Pferd wird nicht hinter die Senkrechte gezogen

Das Chambon zeigt dem Pferd den Weg zu einer Dehnung nach vorwärts abwärts. Es lässt sich das Pferd in die Tiefe dehnen und zieht es nicht hinter die Senkrechte.

Nachteil
  • keine Anlehnung
  • keine seitliche Begrenzung

Das Chambon bietet dem Pferd allerdings keine seitliche Begrenzung und keine Anlehnung.

Gogue

Gogue
Gogue

Wirkung

Durch das Gogue, das in seiner Verschnallung dem Chambon ähnelt, soll das Pferd im Genick nachgeben und den Kopf fallen lassen. Nimmt es den Kopf zu hoch, bekommt es durch das Gogue einen Gegendruck aufs Genick. Das Gogue wird im Gegensatz zum Chambon auch beim Reiten verwendet.

Aufbau und Verschnallung

Das Gogue wird ähnlich wie das Chambon verschnallt. Der Unterschied ist, dass die Karabiner nicht in die Gebissringe eingeschnallt, sondern hindurchgeführt werden und wie die oberen Karabiner an den Riemenring eingehakt werden, der vom Longiertgurt kommt.

Vorteil
  • fördert Dehnungshaltung
  • Pferd wird nicht hinter die Senkrechte gezogen

Das Gogue ermöglicht eine Dehnungshaltung, ohne dass das Pferd hinter die Senkrechte gerät.

Nachteil
  • keine Anlehnung
  • keine Seitliche Begrenzung

Auch das Gogue bietet, genau wie das Chambon, keine seitliche Begrenzung und keine Anlehnung.

MEIN TIPP: Ich persönlich halte nichts von Hilfszügeln, die das Pferd in eine starre Haltung zwingen. Gerade bei jungen Pferden kann eine zu frühe hohe Einstellung massive Schäden im Bewegungsapparat auslösen und viele spätere Probleme mit sich bringen. Ich selber nutze nur das Chambon, da es dem Pferd nur eine gesunde Vorwärts/Abwärts-Richtung vorgibt, es aber nicht in eine starre Haltung zwingt.

Die Bilder der verschiedenen Hilfszügel wurden freundlicherweise von der Firma Waldhausen zur Verfügung gestellt. (www.waldhausen.com)

Artikelbild: © Elya Vatel / Shutterstock